Ich möchte heute über ein Thema schreiben, dass mir schon lange sehr am Herzen liegt. Ich möchte euch zeigen, dass Kinder auf ihre Art perfekt sind. Sie sind keine unfertigen Erwachsenen, sie sind in ihrer Entwicklungsphase genau richtig, so wie sie sind. Ihr Verhalten, sei es noch so anstrengend für uns als Eltern, macht für sie Sinn, um sich zu entwickeln und um sich sicher zu fühlen. Goethe hat passend dazu gesagt, dass Kinder von ihren Eltern Wurzeln und Flügel brauchen, also Sicherheit und Entwicklung bzw. Wachstum (nicht nur körperlich gesehen).

Hören wir doch mal auf, nur das Negative in unseren Kindern zu sehen. Ich kann es nicht mehr hören: "Mein Kind schläft aber nicht durch", "Er kann nicht alleine einschlafen", "Nie habe ich mal 2 Minuten für mich.", "Sie läuft immer noch nicht", "Er hat mit drei Jahren immer noch Windeln an, wie soll das nur weitergehen?", "Er kann dies nicht", "Sie kann das nicht", "Er macht nur Quatsch, kann nie stillhalten".

Ich glaube, ich könnte diese Liste endlos fortsetzen. Warum sind wir so defizitorientiert? Warum akzeptieren wir keine Unterschiede in der Entwicklung? Kinder sind unterschiedlich, sie haben unterschiedliche Interessen und unterschiedliche Persönlichkeiten. Es ist also eigentlich ganz normal, dass der eine vielleicht schneller laufen lernt, weil er mehr Freude an Bewegung hat. Dafür spricht der andere vielleicht früher, weil ihn das Sprechen fasziniert.

Entwicklung verläuft nicht bei allen Kinder genau gleich. Es gibt für jedes Verhalten eine großes Spanne, in der es gezeigt werden sollte. Und das ist nunmal bei manchen Kindern früher und bei manchen Kindern später. Deshalb sollten wir sie nicht verurteilen, sie sind deshalb keine schlechteren Kinder. Ich könnte bei jedem Kind Defizite finden, wenn ich es wöllte. Doch ein Defizit ist immer auch eine Interpretationssache. Es hängt immer auch mit meiner Bewertung und meinem Verständnis zusammen. Doch wie viele tolle Sachen unsere Kinder machen und schon können, ja wie kompetent sie sind, wird schnell übersehen.

Wie wäre es mit einem anderen Blickwindel?

Wie wäre es, wenn wir mal was Neues probieren? Wie wäre es, wenn wir unsere Kinder mal nicht als unfertig betrachten würden? Wie wäre es, wenn wir mal die Fähigkeiten und Ressourcen unserer Kinder sehen und schätzen würden? Ich stelle da jetzt nur mal eine These auf, aber ich tippe, wir wären alle zufriedener. Ist es nicht auch unglaublich anstrengend, immer nur etwas zu bemängeln? Würden wir uns nicht viel mehr freuen, wenn wir sehen würden, wie sich unser Kind entwickelt und wie es noch alles in der Welt bewundern kann?

Vielleicht sollten wir uns auch einmal fragen, ob es nicht auch einfach unsere Vorstellungen sind, die nicht zu unserem Baby passen? Vielleicht sollten wir uns auch mal fragen, was wir anders machen können damit es leichter wird? Wenn wir kritisieren, dass wir zu wenig Schlaf bekommen, weil das Baby nachts ständig aufwacht (was einfach Sinn macht), warum können wir uns dann tagsüber nicht auch ausruhen oder schlafen während das Baby schläft? Warum beschweren wir uns, dass wir nichts im Alltag schaffen, weil das Baby nicht abgelegt werden möchte, wenn wir es doch auch ins Tragetuch nehmen könnten?

Nur Schokolade und bloß kein Spinat!

Wir wundern uns, dass unsere Kinder am liebsten den ganzen Tag Schokolade und Süßes essen würden. Und dass sie Gemüse, besonders wenn es grün ist, so wie Spinat, vehement ablehnen. Doch was steckt eigentlich dahinter? Warum ist das so? Macht es vielleicht sogar Sinn? Ja, es macht evolutionär sogar sehr viel Sinn! Die Menschen sind erst seit einer verhältnismäßig kurzen Zeit sesshaft und "sicher", unsere Gene haben sich daher noch nicht an die "neue" Situation angepasst. Sie denken immer noch, dass Nahrung nicht ständig verfügbar ist und möglichst viele Kalorien gut sind, wenn sie denn mal verfügbar sind. Wer kann schon sagen, wann es das nächste mal etwas zum Essen geben wird? Da ist es schon nicht mehr so verwunderlich, dass Schokolade bevorzugt wird. Grüne Pflanzen bedeuteten häufig, dass sie giftig und bitter sind, was natürlich sehr gefährlich werden kann. Die Abneigung dagegen ist nun auch keine Überraschung mehr.

Nicht alleine schlafen!

"Mein Kind will nie alleine schlafen, am liebsten schläft es nur an der Brust beim Stillen ein." Nun auch das macht, wie du dir wahrscheinlich schon gedacht hast, Sinn. Nähe bedeutet Sicherheit. Wer alleine ist, könnte schnell von irgendwelchen Tieren gefressen werden, so unsere Gene. Dass wir heute in sicheren Wohnungen, ausgestattet mit Babyphon und womöglich noch Kamera, schlafen, wissen unsere Steinzeitbabys wohl nicht, wenn sie auf die Welt kommen.

Außerdem müssen wir satt sein, wenn wir schlafen möchten. Das ist eine der Grundvoraussetzungen für das Einschlafen. Eine weitere Grundvoraussetzung ist Entspannung. Diese beiden Dinge werden mit dem Stillen erfüllt, da es dabei um viel mehr als nur um Nahrungsaufnahme geht. Auch das regelmäßige Aufwachen nachts ist tatsächlich vollkommen normal. Unsere Babys und Kleinkinder vergewissern sich, dass sie nicht alleine und dass sie sicher sind. Auch wir Erwachsenen wachen übrigens jede Nacht meist mehrmals auf, nur schlafen wir in der Regel so schnell wieder ein, dass wir uns am nächsten Morgen gar nicht daran erinnern können.

Fassen wir mal zusammen

Das sind so die Gedanken, die mir viel durch den Kopf gehen. Und ich habe euch hier nur zwei Beispiele gegeben, um zu zeigen, warum das Verhalten unserer Kinder, welches wir oft als nervig oder anstrengend empfinden, einen Sinn ergibt. Ich mag es nicht, wenn ständig negativ über Kinder geredet wird. Schon gar nicht im Beisein unserer Kinder. Wie sollen sie denn selbstständig und selbstbewusst werden, wenn sie immer nur hören, was sie alles noch nicht können und falsch machen? Macht eure Kinder stark. Zeigt ihnen die schönen Seiten. Gebt ihnen nicht diesen fehlerbehafteten Blick auf andere mit, denn sie werden ihn übernehmen.

Betrachtet das Wunder des Lebens in seiner gesamten Vielfalt!

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