Letztes Jahr im Oktober war ich beim 5. Bremer Fachtag zur Förderung des Stillens. Dort konnte ich mir verschiedene Vorträge anhören, die nicht nur das Stillen selbst thematisierten. So konnte ich dabei auch den Autor und Kinderarzt Herbert Renz-Polster über den "platten" Hinterkopf anhören. Ein paar wichtige Punkte und meine Gedanken dazu, möchte ich in diesem Artikel zusammenfassen.

Da das Thema des abgeflachten Hinterkopfes (und Vorderkopfes) immer wieder in verschiedenen Fachbüchern aufkommt und ich mich damit auch in meiner Ausbildung zur Ergotherapeutin beschäftigt habe, ist mir das Phänomen nicht fremd.

Bei Untersuchungen fiel auf, dass die lagerungsbedingte Plagiocephalie, wie der abgeflachte Hinterkopf medizinisch genannt wird, erst seit einiger Zeit und auch nur in bestimmten Kulturkreisen auftritt. In einer Studie aus dem Jahr 2004 lag der Prozentanteil der 6 Wochen alten Babys mit einem platten Hinterkopf bei 16%. Ich vermute, dass er mittlerweile sogar noch deutlich gestiegen ist. Es gibt keine Aufzeichnungen über eine solche Schädelveränderung aus früheren Zeiten, erst Anfang der 1990er Jahre wird dies vermehrt beschrieben. Lagerungsbedingt heißt hier, dass die Verformung erworben ist nach dedr Geburt und durch die Lagerung verursacht wurde. Doch darauf werde ich noch weiter eingehen.

Der schön ausgeprägte Hinterkopf ist Teil des Kindchenschemas, genauso wie die großen Augen, der insgesamt große Kopf und die hohe Stirn, um nur einige Beispiele zu nennen. Das Kindchenschema sorgt dafür, mit Unterstützung verschiedener hormoneller Prozesse, dass wir Babys süß finden und uns um sie kümmern. Denn darauf sind sie angewiesen. Fehlt also der runde Hinterkopf, geht auch ein Teil dieses Schemas verloren.

Vorbeugung, Ursachen und Behandlung

Die Ursachen sind nicht immer eindeutig zu benennen. Fast immer ist es die Summe aus verschiedenen Faktoren. Wie ich dem platten Hinterkopf vorbeugen kann und was ich tun kann, wenn mein Baby ihn bereits hat, ist dabei gleich. In seltenen, schwerwiegenden Fällen sind weitere Maßnahmen notwendig, die dann mit dem Kinderarzt besprochen werden müssen.

Nun wird zum Schlafen in unserem Kulturkreis die Rückenlage empfohlen, weil dies das Risiko für den Plötzlichen Kindstod (SIDS) nachweislich senkt. Ist nun aber die Rückenlage selbst Schuld an dem flachen Hinterkopf? Nein. Auch in vielen anderen Kulturen schlafen die Babys ausschließlich auf dem Rücken und dort wurde kein platter Hinterkopf beobachtet.

Was ist es also dann, wenn nicht die Rückenlage? Im Vortrag erklärt Herbert Renz-Polster, dass es die Dauer der Rückenlage und die fehlende Bewegung dabei seien.

Hier spielen Babyschalen für das Auto und Kinderwägen eine Rolle. Gerade in den Autositzen wird den Babys nicht besonders viel Bewegung für den Kopf ermöglicht. Für das Fahren im Auto ist das natürlich gut und sicher, aber für eine längere Dauer auch zu Hause und bei Spaziergängen sind sie einfach nicht geeignet. Auch im Kinderwagen liegen Kinder in der Regel auf dem Rücken. Da ich hier mein Kind jedoch beobachte, kann ich mein Baby auch seitlich legen, wobei die Lagerung dabei nicht ganz so einfach ist.

Die einfachste Möglichkeit diese Art des Drucks auf den Kopf zu vermeiden, ist das Tragen im Tragetuch oder einer Tragehilfe. Hier entsteht kein Druck auf den Hinterkopf und im Allgemeinen drehen Babys den Kopf auch regelmäßig.

Ein weiterer Punkt ist die Art der Ernährung bzw. der Fütterung. Das Stillen während das Baby vollständig auf dem Rücken liegt, ist kaum möglich. Dadurch kann es auch hier nicht zu einem andauernden Druck auf den Hinterkopf kommen. Auch bei Flaschenernährung sollte dies eigentlich nicht der Fall sein. Es ist grundsätzlich nicht optimal sein Baby in Rückenlage zu füttern. Besser sind der Seitenwechsel und viel Körperkontakt, so wie es beim Stillen der Fall ist.

Außerdem spielt auch der Babyschlaf in Bezug auf den Hinterkopf eine Rolle, natürlich. Babys sollen nach heutiger Empfehlung in Rückenlage schlafen. Wenn sie also tagsüber und nachts dauernd in der Rückenlage sind ist der Druckeinfluss auf den Schädel immer gleich und erhöht das Risiko für eine Abflachung, weil Neugeborene bekannterweise sehr viel schlafen. Wie schaffe ich es aber, dass der Kopf nicht "platt" wird? Eine Möglichkeit ist das nächtliche Stillen. Das Baby kann dabei gar nicht auf dem Rücken liegen, es muss zumindest den Kopf zur Seite drehen.

Wenn Mütter mit ihren Babys zusammen schlafen, gibt es noch ein anderes Phänonomen. In Schlaflaboren wurde mithilfe von Infrarotkameras festgestellt, dass stillende Mütter auch im Schlaf ihre Babys regelmäßig "umbetten", sie beruhigen und auch im Halbschlaf stillen. Ein Baby ist dadurch nie lange in der gleichen Position. Die Bewegung beim Schlafen ist gerade gut in Bezug auf Schädelform. Das Pucken schränkt die Bewegungsfreiheit übrigens deutlich ein, aber darauf möchte ich in diesem Zusammenhang nicht näher eingehen.

Das gemeinsame Schlafen oder Familienbett ist jedoch eine Entscheidung, die nicht zu jeder Familie passt und mit der sich nicht alle wohl fühlen. Es ist daher auch bei den anderen Bereichen immer ein individueller Weg, der zu der Familie und der aktuellen Situation passen sollte.

Zusammenfassend kann ich also sagen, dass sich Tragen, Stillen und gemeinsames Schlafen als Therapie bei einem abgeflachten Hinterkopf gut eignen. Auch sind sie optimal zur Vorbeugung, damit eine Deformität gar nicht erst entsteht.

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