Das Thema Angst kommt, besonders mit Kindern, immer mal wieder hoch. Wir haben vielleicht Angst vor Krieg, Spinnen oder vor Unfällen. Doch Kinder haben Angst vor Dunkelheit, vor Monstern unter dem Bett oder dem Hund des Nachbarn. Häufig wird diese Angst dann schnell abgetan mit Sätzen wie: "Das ist nichts Schlimmes, davor musst du keine Angst haben." Doch solche oder ähnliche Aussagen helfen oft nicht, weil die Angst des Kindes dabei nicht ernst genommen wird. Die Angst vor Dunkelheit bspw. ist für das Kind sehr real und wir begegnen ihr eher abwertend, wenn wir darüber urteilen, dass es nicht schlimm sei.

Die Basisemotionen

Die Angst ist eine der sieben Basisemotionen nach Ekmann. Die weiteren Basisemotionen sind Wut, Freude, Ekel, Überraschung, Trauer und Verachtung. Ekmann zufolge sind Basisemotionen tief in uns verwurzelt, auch genetisch. Sie sind auf Grund unserer langen Evolution Bestandteil von uns allen. Und ja evolutionär gesehen machen die Angst vor Dunkelheit und die Angst vor Monstern oder gefährlichen Tieren tatsächlich auf einmal sehr viel Sinn. Wenn ein Baby in der Steinzeit im Dunkeln alleine war, bestand schnell die Gefahr zu sterben, entweder zu verhungern und zu verdursten oder aber, was viel wahrscheinlicher ist, von wilden Tieren gefressen zu werden. Hier wird auch direkt die Angst vor Monstern deutlich, denn sie implizieren eine uneinschätzbare Gefahr für das Baby.

Auf die Basisemotionen bauen schließlich die komplexen Emotionen auf. Hier zeigt sich dann die ganze Gefühlspalette, über die wir als Menschen verfügen. Zu den komplexen Emotionen gehören bspw. Scham, Stolz, Unsicherheit und Einsamkeit.

Funktionen von Emotionen

Ich habe im oberen Teil des Textes bereits eine wichtige Funktion beschrieben, die Emotionen haben können; nämlich die Schutz- oder auch Regulationsfunktion. Angst als ein Beispiel für eine Emotion dient aber auch der Bewertung einer Situation. In einem winzigen Moment wird eine Situation als gefährlich, also eine Situation, in der wir womöglich Angst haben sollten, oder als ungefährlich bewertet. Das geht so schnell, dass wir es nicht einmal bemerken. Emotionen sind außerdem Ausdruck unserer inneren Gefühlslage und unserer Stimmung. Dadurch dienen sie auch der Kommunikation mit anderen Menschen, wenn wir die Emotionen durch unsere Gestik und Mimik zeigen, oder sie gar verbal äußern.

Kommen wir nun zurück zum Beispiel mit der Angst. Wenn eine Situation als gefährlich eingestuft wird, also bewertend wird, ist Angst eine natürliche Reaktion darauf. Und die Angst in der Dunkelheit macht wie oben bereits beschrieben ja auch Sinn. Ein in tausenden von Jahren geschriebener Code in uns allen lässt sich (leider) nicht innerhalb von vielleicht einigen Jahrzenten oder Jahrhunderten ändern. Unsere Instinkte und Gene wissen nicht, dass wir in sicheren Kinderzimmern schlafen, in denen ein Babyfon den Eltern jedes Geräusch übermittelt. Sie wissen nicht, dass gefährliche Tiere hier in der Regel nur im Zoo anzutreffen sind, wo sie aber gefangen sind und uns nichts passieren kann. Wenn unser Baby uns seine Angst zeigt, bspw. durch ein Weinen oder Schreien, können wir darauf reagieren und es beruhigen und zeigen, dass wir für es da sind.

Wie begegne ich Kinderängsten?

Die Ängste unserer Kinder sind real, genauso real wie für uns die Angst vor Krieg oder vor was auch immer wir Angst haben. Würde ich zu dir sagen: "Du musst keine Angst haben, da ist doch gar nichts" oder gar "Das ist doch Quatsch! Stell dich nicht so an!", wäre niemandem geholfen, denn so würde sich die Angst vermutlich verstärken. Mit Sicherheit würde ich aber dein Gefühl, die Angst, entwerten und zeigen, dass sie nicht echt ist. Du würdest dich nicht ernst genommen fühlen und würdest kaum Selbstwirksamkeit erfahren. Selbstwirksamkeit ist übrigens das Gefühl, dass du selbst eine Situation beeinflussen kannst. Wenn mein Sohn also irgendwann sagt, dass er Angst vor dem Monster unter dem Bett hat, dann suche ich mit ihm, ob da ein Monster ist. Ganz vorsichtig natürlich. Wir könnten ein "Monsterspray" (Werbung: Beispiel für ein Monsterspray; kann auch leicht selbst gebastelt werden) versprühen, dass alle Monster vertreibt. Dadurch fühlen sich Kinder ernst genommen in ihren Gefühlen und müssen sie nicht vor uns verstecken. Ich finde aber auch wichtig, dass die Ängste nicht bewusst noch verstärkt werden. Gerade ältere Menschen berichten häufig, dass sie als Kinder abends Gruselgeschichten erzählt bekommen haben. Dadurch erhält die Angst, meiner Meinung nach, einen zu großen Stellenwert.

Angst und Phobie oder Angststörung

Es gibt einige psychische Erkrankungen, bei denen die Angst als (zentrales) Symptom auftritt. Hierbei sind entscheidend das Ausmaß der Angst und die innere Bewertung der Situation oder des Objekts. Von einer Phobie wird gesprochen, wenn die Angst durch eigentlich ungefährliche Situationen oder Objekte ausgelöst wird, also bspw. eine Spinne. Bei einer Panikstörung kommt es zu unvorhersehbaren, schweren Angstattacken, wobei hier kein Bezug zu spezifischen Situationen oder Objekten erkennbar ist. Natürlich können auch Kinder eine Angststörung haben. Diese tritt aber deutlich seltener auf, als bei Erwachsenen. Bestimmte Ängste von Kindern können auch direkt den passenden Entwicklungsphasen zugeordnet werden und sind damit Teil der natürlichen Entwicklung. Im Zweifelsfalls sollte das aber mit einem (Fach-)Arzt besprochen werden.

Wie ist es eigentlich mit unseren Ängsten?

Viele erwachsene Menschen haben Angst vor Spinnen. Oder vor Wespen. Oder vor Schlangen. Doch sind wir mal ehrlich, wie begründet sind diese Ängste? Wenig, bis gar nicht. In Deutschland gibt es kaum gefährliche Spinnen oder Schlangen und auch ein Wespenstich würde uns, wenn wir nicht gerade allergisch dagegen sind, nicht umbringen. Aber diese Ängste scheinen irgendwie akzeptiert in der Gesellschaft, vor allem bei Frauen. Lasst uns die Ängste unserer Kinder auch akzeptieren und ernst nehmen, denn diese sind real und ergeben evolutionär gesehen Sinn!

Bildquelle

Titelbild von pixabay.com