Dieser Geburtsbericht ist ein dreiteiliger Blogartikel. Hier gehts zum ersten Teil von Merles Geburtsbericht.

Im Klinikum angekommen, stellte sich die diensthabende Hebamme mir und meinem Mann, der ungläubig, dass es jetzt losgehen sollte, vorzeitig von der Arbeit kam, vor nachdem wir in einen Raum gebracht wurden. Ich wurde von einem Arzt untersucht. Wie der Befund war, weiß ich nicht (ich glaube, das wurde mir nicht erzählt, ich habe aber auch nicht nachgefragt). Eine halbe Stunde später war Schichtwechsel und die neue Hebamme kam, um sich vorzustellen. Sie war sehr jung und mindestens genauso nett. Sie war mir also sympathisch, das war schonmal gut. Ein Arzt kam, um mich „aufzuklären“, eigentlich ging es ihm aber wohl nur um meine Unterschriften zur Absegnung aller Dinge, die sie mit mir vorhatten, denn die Hälfte an für mich interessanten Informationen hat er weggelassen. Es wurde ein CTG angeschlossen, ein Zugang gelegt, was extrem schmerzhaft war, weil man es an – meiner Meinung nach – sehr merkwürdigen Stellen immer und immer wieder versuchte und dann begann das Warten. Warten darauf, dass der OP für uns fertig würde.

Etwa zwei Stunden, nachdem die Fruchtblase geplatzt war (bitte nagelt mich nicht auf den Zeitangaben fest, ich habe sämtliches Zeitgefühl für den Tag mit „Betreten“ des Krankenhauses verloren), kamen die Wehen. Ich durfte wohlgemerkt wegen des Blasensprunges und der Beckenendlage nur liegen, was relativ unangenehm war. Die Hebamme hatte wohl gut zu tun, jedenfalls kam sie nur selten bei uns vorbei. Ich erinnere mich daran, dass sie dreimal kam, in der ganzen Zeit, die wir da waren, aber da könnte ich mich irren. Beim ersten Mal hatte ich noch keine Wehen, das war, als sie das CTG anlegte. Beim zweiten Mal, kam sie in einer Wehenpause, also antwortete ich auf ihre Frage, ob alles bei uns in Ordnung sei, mit „Ja“. War ja alles in Ordnung, die Wehen waren gut auszuhalten und ich dachte, sie sei im Bilde über den Verlauf bei uns. Der Beobachtungsraum mit all seinen Monitoren ist ja schließlich kein Geheimnis. Also ging sie wieder. Als sie das dritte Mal kam, kam sie als ich mitten in einer Wehe war und war sichtlich überrascht darüber, dass ich Wehen hatte. Uppsi! Das CTG, hatte nichts angezeigt, sie wusste also von nichts. Da die Wehen mittlerweile heftiger aber immer noch aushaltbar waren, half sie mir beim Veratmen, wofür ich ihr sehr dankbar war, weil ich bis dahin keinen blassen Schimmer hatte, wie ich das hätte machen sollen (hatte ich wohl wieder vergessen, denn gewusst haben muss ich das, bei all dem, was ich über Geburten wusste und weiß). Ich kriegte einen Drücker in die Hand, mit dem ich manuell anzeigen sollte, wann ich Wehen hatte und wurde wieder alleingelassen mit meinem Mann, der mir eine wunderbare Hilfe war, allein dadurch, dass er da war und meine Hand hielt. Meine schlimmsten Befürchtungen, dass ich ihm gegenüber unter der Geburt unflätig werden könnte, blieben zum Glück unbestätigt, wir waren sehr nett zueinander ;) Ich kenne mich da durchaus auch anders.

Keine Ahnung, wie viel Zeit verging, bis unsere Hebamme wiederkam, um mich endlich in den OP zu bringen. Seit Ankunft in der Klinik waren etwa vier bis viereinhalb Stunden vergangen. Jedenfalls wurde ich dort nochmals untersucht, wobei festgestellt wurde, dass der Muttermund vollständig geöffnet und jetzt Eile geboten war. Eine der Ärztinnen im Raum riet zum Notkaiserschnitt, der glücklicherweise von den anderen Anwesenden für nicht notwendig gehalten wurde. Das wäre eine Sch…. gewesen! So war aber alles quasi gut (natürlich mit Ausnahme der Tatsache, dass ich das alles so eigentlich nicht gewollt hatte). Die Hebamme half mir als die Spinalanästhesie gelegt wurde, redete mir gut zu und war fast euphorisch über meine tollen Wehen, die mir fast alles noch viel mehr versaut hätten, für die ich aber trotzdem dankbar bin. Der skalpellführende Arzt war letztlich aber doch recht ungeduldig, auch wenn er sich zuvor so gegen den Notkaiserschnitt ausgesprochen hatte, wollte er doch gerne schneiden, bevor die Betäubung richtig wirksam war. Der Anästhesist und der Arzt waren über mehrere Minuten in eine Kabbelei verstrickt, bei der besagter Arzt schneiden wollte, der Anästhesist ihn aber daran hindern wollte (fand ich ein bisschen gruselig, war aber froh, so einen engagierten Anästhesisten zu haben). Es endete darin, dass der Arzt sein Glück wohl einfach versucht hat und dann von mir mit einem scharfen „Das piekst!“ zurechtgewiesen wurde. Der Anästhesist kommentierte das dann auch sogleich mit einem „Siehst du: Das piekst!“. Auch wenn das ein bisschen lustig war, war diese ganze Situation für mich unglaublich surreal und es wurde später nicht besser.

Man denkt immer, wenn man betäubt ist, bekommt man von dem Gerödel da unten nichts mehr mit. Das ist aber nicht so. Ich habe viele unangenehme Dinge spüren können, von denen ich nur vermuten kann, was es war. Das Aufdehnen der Haut, der Moment, in dem unser Herzblatt aus mir herausgehoben wurde (richtig unangenehm!) und das, was danach kam (über das Ausräumen meiner Gebärmutter mag ich, ehrlich gesagt, nicht so richtig nachdenken). Irgendwann wurde mir ein Kind auf die Brust gelegt, von dem mir gesagt wurde, dass es meins war. Ok, glauben wir das mal. Angefühlt hat es sich nicht so, aber ich wusste in dem Moment sowieso nicht, was ich hätte fühlen sollen, also habe ich das mit dem Fühlen einfach mal gelassen. Mein Mann schien gerührt, jedenfalls war das der bisher einzige Moment in unserem gemeinsamen Leben, in dem ich ihn eine Träne habe verdrücken sehen (es war aber ganz echt nur eine einzige!). Währenddessen wurde ich wieder zugenäht, davon bekam ich aber nicht mehr ganz so viel mit wie vorher und dann ging es relativ schnell wieder zurück in das Zimmer, in dem wir vorher schon so lange waren. Dort haben wir drei, vier oder fünf Stunden lang – ich habe keine Ahnung, wie lange – ziemlich ungestört (einmal kam die Hebamme, um uns Wasser zu bringen und später noch einmal um ein Foto von uns zu machen) darauf gewartet, auf die Wöchnerinnenstation verlegt zu werden.

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Das Titelbild kommt von pixabay.com.