Oder sollte ich besser Autonomiephasen schreiben?! Diese Phase beginnt jedenfalls, je nach Quelle etwas unterschiedlich, mit ungefähr einem Jahr oder auch etwas später. Wutanfälle mit auf dem Boden werfen im Supermarkt, weil unser Sohn oder unsere Tochter vielleicht noch gerne das Schokoei an der Kasse hätte. Ich glaube, dass ist das Verhalten, welches am häufigsten in Bezug auf die Trotz- oder eben Autonomiephase genannt wird. Doch woher kommen diese Wutanfälle? Wann wird es besser? Es ist doch nur eine Phase, oder?

Woher kommen die Wutanfälle?

Bei kleinen Kindern hängen diese extremen, für uns Großen oft unverständlichen, Wutanfälle auch häufig mit Problemen in der Kommunikation zusammen. Unsere Kleinen können sich sprachlich noch nicht ganz klar ausdrücken, sodass wir nicht immer verstehen, was sie gerade möchten. Wenn wir dann drei mal nachfragen und es noch immer nicht richtig verstanden haben, wird es schwierig. Und weil wir dann wieder falsch reagieren, denn wir haben es schließlich nicht richtig verstanden, was sie von uns möchten, beginnt damit eine Schleife mit weiteren Kommunikationsdefiziten. Wären wir nicht auch wütend, würden wir ständig nicht verstanden werden? Was wir uns wünschen, was wir nicht möchten, usw.? Letztendlich ist es so kein Wunder, dass eine solche Situation nicht selten mit Wut beiderseits endet.

Ein weiterer Punkt für diese starken Gefühlsausbrüche ist die Gefühlsregulation. Unsere Kinder beginnen mit der Geburt einen Lernprozess, wie sie mit ihren Gefühlen, ihren Emotionen, am besten umgehen können. Weil sie ihre Gefühle selbst noch nicht ausreichend regulieren und den damit verbundenen Stress abbauen können, brauchen sie dafür unsere Hilfe. Das zeigen uns unsere Babys, indem sie weinen oder schreien. Wenn wir sie wiegen, ihnen ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit vermitteln, helfen wir ihnen ihr Stresslevel zu senken.

Auch Kleinkinder können ihre Gefühle noch nicht vollständig alleine regulieren. Sie üben immer weiter, aber in einigen Situationen brauchen sie einfach Unterstützung. Es dauert Jahre bis sie ihre Gefühle eigenständig regulieren können, doch auch das nicht in allen Situationen. Aber dazu später mehr. Mittlerweile wollen unsere Kinder aber viel Selbst machen, weshalb diese Phase auch den Namen Autonomiephase trägt. Sie beschweren sich häufig lautstark, wenn wir ihnen etwas abnehmen, was sie eigentlich selbst machen wollten. "Selber machen!" Das ist wohl einer der meisten gehörten Sätze dieser Zeit.

Wann ist die Trotzphase zu Ende?

Ich würde zu gerne schreiben, dass es nur eine Phase ist, die vielleicht ein oder zwei Jahre dauert. Aber nein, so ist es nicht. Diese Phase ist nicht wirklich eine Phase. Das Verhalten, welches unsere Kinder zeigen, sehen wir auch an Erwachsenen in bestimmten Situationen. Wir lernen unsere Gefühle zu regulieren und anders mit ihnen umzugehen. Wir sagen bspw. wenn wir traurig oder wütend sind, oder suchen uns ein Ventil für unsere Wut, indem wir uns auspowern beim Sport. Hier gibt es viele Strategien, um mit starken Gefühlen umzugehen. Aber es gibt Situationen, in denen ist uns das nicht möglich. Es gibt Situationen, in denen unser präfrontaler Kortex keine Macht mehr hat und der Hirnstamm die Führung übernimmt. Der präfrontale Kortex ist für alle bewussten Denkprozesse zuständig. Der Hirnstamm hingegen ist der älteste Teil unseres Gehirns, der alle vegetativen Funktionen wie bspw. die Atmung oder den Herzschlag reguliert.

Doch was bedeutet das? Nun wenn der Hirnstamm die Führung übernimmt, haben wir drei Möglichkeiten: Kämpfen, Fliehen oder Erstarren. Aus lebensbedrohlichen Situationen oder auch Missbrauchssituationen ist bekannt, dass Menschen nach diesen drei Möglichkeiten agieren. Wie wir uns dann letztendlich verhalten, können wir nicht selst entscheiden. Somit haben wir in einer solchen Situation keine bewusste Kontrolle mehr über unseren Körper. Viele Menschen reagieren auch in Konfliktsituationen, die emotional sehr belastend sind, nach diesem Schema. Wenn uns etwas sehr nahe geht, reagieren wir nur noch. Nachdenken funktioniert nicht mehr. Wenn ich bspw. wirklich wütend, werde ich laut oder ich gehe in ein anderes Zimmer. Dort reagiere ich mich einmal ab und kann dann im Optimalfall noch einmal in Ruhe über das Thema oder die Situation sprechen. Doch zunächst einmal ist die Reaktion ziemlich ähnlich.

Sollten Gefühle dann nicht besser unterdrückt werden, um sie unter Kontrolle zu behalten?

Wie können wir also von unseren Kindern verlangen, immer kontrolliert zu sein? Ja, vielleicht sogar Gefühle auszublenden? Ich persönlich finde es sehr wichtig, dass sich die kleinen Menschen in ihrer gesamten Gefühlswelt ausleben dürfen und dass jedes Gefühl seine Daseinsberechtigung hat. Dieses gilt in einem geschützten Rahmen. Wo Selbst- oder Fremdverletzung ins Spiel kommen, ist das kein geschützter Rahmen mehr. Mir fällt das oft gar nicht so leicht nicht zurückzuschreien, auch wütend zu werden. Manchmal hilft es innerlich einen Schritt zurückzutreten und zu fragen: "Wo liegt die Ursache, was kann ich verändern?" Letztendlich können wir selbst auch sehr viel dadurch von unseren Kindern lernen, denn wie oft halten sie uns nur einen Spiegel vor. Sie zeigen uns, wie wir uns in ähnlichen Situationen verhalten, wenn auch womöglich nicht in diesem Ausmaß.

Wir haben also gesehen, dass Wutanfälle und sogenanntes "trotziges" oder autonomes Verhalten durchaus nicht nur bei Kindern auftreten. In Extremsituationen reagieren auch Erwachsene nach dem gleichen Schema. Ich vermute, dass es Kindern viel schneller wie eine solche lebenswichtige Situation vorkommt. Vielleicht sollten wir daher nicht mit Wut auf die Wut unseren Kinder reagieren, sondern sie eher darin bzw. dem Weg daraus begleiten. Alle Gefühle haben schließlich ihre Berechtigung!