Vor Kurzem hatte ich mit meiner 15 Monate alten Tochter den ersten Zahnarzttermin. Sie hat gerade erst ihre ersten beiden Zähne bekommen. Vor dem Termin bekam ich einen ausführlichen Anamnesebogen zugeschickt, der bei dem Termin besprochen wurde.

Zahnarztwerkzeug auf einem Tablet.

Die Zahnarzthelferin und auch die Zahnärztin stockten beide, dass wir nachts noch relativ viel stillen. Sie erzählten mir, dass meine Tochter davon bald Karies bekommen würde und empfahlen mir bald abzustillen.

Ein schlafendes Baby.

Da mir bereits in meinen Beratungen, als auch bei den Berichten von Freundinnen, schon häufiger ähnliche Kommentare aus der Zahnarztpraxis begegnet sind, habe ich mich entschlossen, diesen Aspekt einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Dafür habe ich sowohl Fachartikel, als auch Studien angeschaut.

Inhaltsangabe

Wie entsteht Karies?

Wie entsteht Karies überhaupt? Auf dieste Frage möchte ich zunächst eingehen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch beschreiben, woraus Zähne eigentlich bestehen, weil dieses Wissen dafür ebenso wichtig ist.

Wie ein Zahn in den Grundlagen aufgebaut ist, kannst du folgender Infografik entnehmen.

Infografik zum Aufbau eines Zahns

Zähne sind unglaublich hart und normalerweise widerstandsfähig. Eine Demineralisation, also eine (teilweise Zerstörung) des Zahnschmelzes ist im normalen Mundmilieu nicht möglich. Es kommt zu dieser Zersetzung, wenn der PH-Wert im Mund saurer wird, erst dann können sich Mineralien aus dem Zahnschmelz lösen.

Karies entsteht hauptsächlich durch den Erreger Streptococcus mutans. Diese Bakterien befinden sich natürlicherweise im Zahnbelag und erzeugen beim Stoffwechsel Säuren, die den Zahnschmelz angreifen, das Mundmilieu saurer machen und somit die Entstehung von Karies begünstigen. Im Anfangsstadium entsteht dabei ein kreidig-weißer oder ein bräunlicher Fleck auf dem betroffenen Zahn, wie ich in dem Artikel Wie Zahnkaries entsteht von www.kindergesundheit-info.de lesen kann.

Streptococcus mutans, der "Karies-Erreger" benötigt für den Stoffwechsel kurzkettige Kohlenhydrate. Grundsätzlich werden Kohlenhydrate in verschiedene Kategorien unterschieden: Einfach-, Zweifach- und Mehrfachzucker (Mono-, Di-, Oligosaccharide). Für die Karies-Baktieren sind nur die schnelllöslichen Zucker bedeutungsvoll, also in erster Linie die Einfach- und Zweifachzucker. Hierzu zählen bspw. Frucht- oder Milchzucker. Weitere Informationen diesebezüglich kannst du in dem Artikel Mutterlmilch und Zahngesundheit von www.afs-stillen.de nachlesen.

Karies entsteht dann, wenn der Abbau des Zahnschmelz größer ist als die Neubildung bzw. Regeneration, welche durch Speichel begünstigt wird.

Weiter kann ich dort lesen, dass minimale Beschädigungen sich auch wieder regenerieren können, wenn es nicht erneut zu einem Kontakt mit dem Erreger kommt. Der Kalzium- und Phosphatgehalt des Speichels hat dabei eine regenerierende und karieshemmende Wirkung. Wichtig ist dafür, dass genügend Abstand zwischen den Mahlzeiten ist.

Weitere Informationen zur Entstehung von Karies im Allgemeinen findest du in dem Artikel Wie entsteht Karies? von www.kzbv.de (Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung).

Grundsätzlich hängt die Entstehung von Karies auch mit der persönlichen Veranlagung zusammen. Außerdem kann Karies auch "übertragen" werden, Karies wird seit einiger Zeit als Infektionskrankheit eingestuft. Wenn Eltern ausgeprägten Karies haben, kann eine Ansteckung auf das Baby oder Kleinkind stattfinden. Es ist daher nicht unerheblich, dass auch du als Mama und Papa deine Zähne entsprechend pflegst, weil Karieserreger über Speichelkontakt weitergegeben werden können. Bei einer gesunden Mundflora seitens der Eltern ist es aber nicht notwendig, jeden Speichelkontakt zu vermeiden.

Videoerklärung zur Entstehung von Karies

Der Youtube-Kanal The Simple Biologie hat die entstehung von Karies noch etwas genauer als ich in folgendem Video erklärt.

Soweit so gut, doch was hat das nun mit dem Stillen zu tun? Und wie ist es, wenn es eben nicht "genügend Abstand zwischen den Mahlzeiten" gibt?

Muttermilch und Karies

Nun lässt sich vermuten, dass Muttermilch genauso wie andere Nahrung oder auch Flaschenmilch die Entstehung von Karies begünstigen würden. Schließlich enthält auch sie Milchzucker, welche von den Karies-Erreger verstoffwechselt wird und somit Säure bildet, die dann den Zahnschmelz angreifen kann.

Doch so leicht ist es nicht. Schauen wir einmal genauer hin.

Im Vergleich zur Brust liegt eine Flasche deutlich weiter vorne im Mund, sodass die Milch automatisch in Kontakt mit den Zähnen kommt. Ein stillendes Kind hingegen hat die Brust tief im Mund nahe des Gaumens, sodass sich die Milch beim Saugen viel weiter hinten im Mund befindet.

Außerdem hilft ein Blick auf die Inhaltsstoffe der Muttermilch. Neben vielen weiteren Inhaltsstoffen enthält die Muttermilch nämlich nicht nur verschiedene Milchzucker, sondern auch diverse Immunglobuline, welche die Bakterien direkt unschädlich machen können.

Eine Mutter stillt ihren Säugling.

Gleichzeitig sind in der Muttermilch auch verschiedene Mineralien wie bspw. Calcium und Phosphat enthalten, die eine Remineralisierung der Zähne unterstützen.

Mehr über die Inhaltsstoffe der Muttermilch erfährst du übrigens in meinem Artikel Die wunderbare Zusammensetzung der Muttermilch.

Insgesamt gibt es sehr viele Studien in diesem Zusammenhang und es müssen bei der Beachtung dieser Studien verschiedene Kriterien beachtet werden. Es muss u.a. geschaut werden, wie die Methodik der Studie war und wer sie finanziert. Diese und weitere Faktoren haben natürlich Einfluss auf die Ergebnisse und müssen daher berücksichtigt werden.

Insgesamt scheint das Stillen die Zahngesundheit eher positiv zu beeinflussen, als dass es negative Folgen hätte. Auch im Hinblick auf Zahnfehlstellungen wirkt sich das (lange) Stillen positiv aus.

Ein Kind lächelt ein großes Lächeln und zeigt dabei seine Zähne.

Am Ende des Artikel findest du eine Liste mit Quellen und Links zu Studien und Artikeln zum Weiterlesen.

Mal ganz abgesehen davon: Die Empfehlung der WHO in Bezug auf die Stilldauer lautet, dass Babys sechs Monate ausschließlich gestillt werden sollten und dann bis zu einem Alter von zwei Jahren und darüber hinaus, solange es Mutter und Kind wünschen.

Nun bekommen manche Babys schon sehr früh ihre Zähne, in sehr seltenen Ausnahmen kommen Babys sogar bereits mit Zahn auf die Welt. Wie hätte das ohne Formula-Milch früher funktionieren sollen? Schließlich heißen die ersten Zähne nicht umsonst "Milchzähne". Das natürliche Abstillalter liegt zudem je nach Quelle und abhängig von verschiedenen Faktoren zwischen zwei und sieben Jahren.

Es steht allerdings außerfrage, dass es gewisse Risikofaktoren für die Entstehung von Karies gibt und dass Zähne gepflegt werden sollten. Genau darauf möchte ich im Folgenden eingehen.

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Kariesrisiko vermindern und die richtige Zahnpflege

Wenn es nun aber nicht am Stillen liegt, dass mein Kind Karies bekommt, was kann ich tun, damit das nicht passiert? Was löst denn nun Karies aus?

Von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wird beschrieben, dass Fluoride für die Zahngesundheit von großer Bedeutung sind. Neben den Fluoridtabletten für Babys wird daher ab dem ersten Zahn empfohlen, den Zahn bzw. die Zähne einmal täglich mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta zu putzen. Wichtig ist in dem Zusammenhang, dass Babys und Kleinkinder noch deutlich weniger Zahnpasta benötigen. Ab dem vollständigen Milchzahngebiss bzw. ab dem zweiten Geburtstag wird das zweimalige Putzen täglich mit Zahnpasta empfohlen.

Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) hingegen vertritt eine andere Meinung und spricht sich gegen systemische Fluoridbehandlung aus, folglich könnten hierbei die Tabletten weggelassen werden.

Auch hier wird deutlich, dass es unterschiedliche Meinungen in Bezug auf die Zahnpflege gibt.

Nach dem Essen sollten die Zähne mit Wasser gespült werden. Dafür reicht es, wenn dein Baby oder Kleinkind etwas Wasser trinkt, um zumindest grobe Essensreste zu entfernen.

Ein Kind mit einem Spielzeuggebiss.

Zuckerhaltige Getränke sollten vermieden werden, v.a. zwischen den Mahlzeiten, aber auch ganz allgemein. Zuckerhaltige Nahrung stellt genauso ein Risiko für Karies dar. Wichtig ist, dass auch Milch-, Frucht- und Traubenzucker hier ein Risiko sind. Manchmal hilft es daher auf die Inhaltstoffe von Getränken und Nahrungsmitteln zu schauen.

Gleichzeitig sind regelmäßige Zahnarztbesuche bereits ab dem ersten Milchzahn zur Kontrolle wichtig. Hier kannst du auch deine eventuell vorhandenen Fragen zur Zahnpflege stellen und bekommst Tipps zur Zahnpflege. Wenn du dir bei irgendwelchen Informationen unsicher bist, traue dich ruhig diese zu hinterfragen.

Quellen und Literatur zum Weiterlesen

  1. Artikel der AFS zum Thema Muttermilch und Zahngesundheit: www.afs-stillen.de/fachinfos/muttermilch-und-zahngesundheit
  2. Artikel im Stilllexikon über Stillen und Karies: www.still-lexikon.de/stillen-und-karies
  3. Artikel über die Empfehlungen zu Stillen, Schnuller und Co in Bezug auf die Zahngesundheit der Zahnärztekammer Nordrhein: www.zahnaerztekammernordrhein.de/fuer-patienten-beratung-service/stillen-schnuller-und-co
  4. Artikel des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation zum Thema Stillen und Zahngesundheit: www.stillen-institut.com/de/zahngesundheit.html (hier findest du auch weitere Verweise zu Studien)
  5. Artikel über den Zusammenhang von Stillen und Karies von Dr. Gumpert: www.dr-gumpert.de/html/karies_durch_stillen.html
  6. Artikel der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung über Zahnpflegeempfehlungen: www.kindergesundheit-info.de/themen/risiken-vorbeugen/zahngesundheit/gesunde-zaehne
Bildquellen

Das Titelbild ist ein Foto von Christian Hermann und kommt von unsplash.com.

Das Foto von dem schlafenden Baby ist von Peter Oslanec und kommt von unsplash.com.

Das Foto von dem Kind mit dem Spielzeuggebiss ist von Eddie Kopp und kommt von unsplash.com.

Das Foto von dem lachenden Kind am Tisch ist von kazuend und kommt von unsplash.com.

Das Foto von der stillenden Mutter ist von Luiza Braun und kommt von unsplash.com.

Das Foto von dem Zahnarztbesteck ist von Jon Tyson und kommt von unsplash.com.