Einem "gestörten" Kind werden bestimmte Medikamente verordnet, die die "Störung" zwar nicht beheben, dafür aber das Auftreten des unerwünschten Verhaltens verhindern. Die Kinder ruhig machen. Damit sie sich besser konzentrieren können.
Und das Kind? Für das Kind herrscht nun auf jeden Fall Klarheit. Es ist doch nicht so perfekt für seine Umwelt. Es passt anscheinend nicht so gut rein in diese Welt. Es hat eine Störung und damit ist es wohl so etwas wie eine Blume, die nicht blüht. Die keine Früchte trägt. Etwas Minderwertiges. So fühlt sich das an.
Zurück zur Therapie. Die Kinder sind im Wartezimmer und schon voller Vorfreude, denn die Ergo, die macht Spaß, hier bauen wir Dinge frei aus unserer Vorstellung heraus. Hier erlernen wir Dinge, die wir schon immer machen wollten, die aber zu gefährlich sind. Wir schneiden mit einem scharfen Messer, wir sägen, wir brennen mit dem Lötkolben Muster ins Holz oder bringen Lötzinn zum Schmelzen um die Drähte unseres Fahrzeuges mit dem Motor zu verbinden.
Die Aufgaben, die uns Spaß machen, sind die, bei deren Durchführung wir über uns hinauswachsen müssen, bei der wir mit Begeisterung Neues lernen.
Natürlich wollen die Kinder sich bei diesen Aufgaben, die durchaus eine hohe Anforderung an die Fähigkeiten der Kinder stellen, nicht verletzen. Schmerzen kennt jedes Kind, spätestens seit es Laufen gelernt hat, vom Hinfallen. Aber damals wie heute stehen diese Kinder auf und geben ihr Bestes, es besser zu machen! Das heißt nicht, dass es dabei alleingelassen werden will. Früher hat es geholfen, wenn Mama oder Papa bei unebenem Gelände eine Hand zum Festhalten angeboten haben, damit der Laufling nicht fällt. Auch jetzt wollen die Kinder sich bei großen Herausvorderungen zuallererst sicher fühlen. Dann schrumpft die Aufgabe, vor der sie stehen auf eine überwindbare Größe. Dann fühlt sich das Kind dieser Situation gewachsen.
Wenn Kinder diese Erfahrungen öfter machen, fühlen sie sich auch dem Leben gewachsen, dann stehen sie bei Enttäuschungen und Schicksalsschlägen nicht vor einem unüberwindbarem Hinderniss.
Am Ende der Therapie findet das Kind sich im besten Fall gar nicht so unpassend für die Umwelt. Es hat im Optimalfall die Erfahrung gemacht, dass es selbst etwas erreichen kann. Dass man sich manchmal mit Anstrengung Dinge erarbeiten muss und diese dann für mich zu erreichen sind. Es hat auch gelernt, dass manche Ziele auf Wegen liegen, die mir unbequem sind. Dass man, bei der Herstellung eines motorisierten Holzautos, nach den eigenen Vorstellungen, eben auch verdammt lange sägen und feilen muss, bis alles passt.
Dann klappt es komischerweise oft auch besser in der Schule. Woran das wohl liegt?
Warum habe ich denn jetzt die Kindheit, die Eltern und die Schule ins Spiel gebracht? Es ging doch ursprünglich um die Frage nach dem Nutzen der Verhaltenstherapie.
Lass mich dir dazu noch eine Metapher malen. Inspiriert durch eine Pinguingeschichte von Eckart von Hirschhausen. Nur weil Pinguine keine guten Flieger sind, schicken die anderen Vögel diese nicht gegen ihren Willen zur Verhaltenstherapie.
Also frage ich dich: "Sollen wir unseren Jungen zusätzlich noch zu einer Verhaltenstherapie schicken?"
Bildquelle:Das Titelbild des Artikels kommt von pixabay.com.
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